Bundesrat veröffentlicht Paket CH-EU
Hitzige und kontroverse Diskussionen zum Paket Schweiz-EU sind vorprogrammiert. Stiftet das Paket einen Nutzen oder überwiegen die Nachteile? Erfahren Sie mehr im Beitrag von David Marmet, Chefökonom Schweiz.
Text: David Marmet

Der Schweizer Bundesrat leidet definitiv nicht an Triskaidekaphobie, also der Angst vor Freitag dem Dreizehnten. Denn just am Freitag, dem 13. Juni 2025 hat er die neuen, innenpolitisch heftig umstrittenen Verträge mit der EU veröffentlicht und in die Vernehmlassung geschickt. Allein der erläuternde Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens ist über 900 Seiten stark. In den nächsten Wochen und Monaten werden die Diskussionen zum Paket Schweiz-EU garantiert hitzig und kontrovers geführt.
Einer der umstrittensten Punkte ist die dynamische Rechtsübernahme. Die Schweiz wäre damit grundsätzlich verpflichtet, neues EU-Recht jeweils zeitnah zu übernehmen. Von grossem Interesse sind nun vor allem die möglichen Auswirkungen des Gesamtpakets auf die Schweizer Volkswirtschaft. Demgemäss bedeutet das Paket für den Bundeshaushalt eine direkte Mehrbelastung von jährlich CHF 1,4 Milliarden. Bei den Kantonen dürften vor allem administrative Zusatzkosten anfallen.
Der Bundesrat gibt sich zuversichtlich, dass die Mehrkosten durch den gesamtwirtschaftlichen Nutzen aufgewogen werden. Eine verbesserte Teilnahme am EU-Binnenmarkt stärke die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen und wirke sich positiv auf Beschäftigung und Einkommen aus. Zudem führe der Abbau von Handelshemmnissen zu tieferen Preisen und grösserer Produktvielfalt für die Konsumenten.
Lässt sich der Nutzen berechnen?
Präzise beziffern lässt sich der Nutzen indes nicht. Einige vom Bund in Auftrag gegebene Studien geben aber einen Orientierungsrahmen. Die Aktualisierung des Freizügigkeitsabkommens (FZA) liefert aus volkswirtschaftlicher Sicht den höchsten Beitrag zum Gesamtnutzen der Verträge mit der EU. Mit diesem erfolgt die Zuwanderung weiterhin arbeitsmarktorientiert, und das schweizerische Lohnschutzniveau ist durch flankierende Massnahmen abgesichert. Nutzen stiftet auch das neue Stromabkommen, mit dem unter anderem die Strompreise um bis zu 14 Prozent fallen sollten. Die Erneuerung des Landverkehrsabkommens schafft mehr Wettbewerb im Schienenverkehr und mehr Optionen für Kundinnen und Kunden. Das EU-Forschungsprogramm «Horizon» wird längerfristig die Innovation der Schweizer Wirtschaft beleben. Demgegenüber wird der bessere Zugang von EU-Bürgern zur Schweizer Sozialhilfe Mehrkosten mit sich bringen. Mittelfristig dürfte der Wohlstand mit dem Abkommen pro Kopf rund 1.7 Prozent höher liegen als ohne. Gemäss Studien sollten insbesondere die Kapitaleinkommen von einem EU-Abkommen profitieren. Aber auch die Löhne der Niedrig- und Mittelqualifizierten würden stärker steigen.

In der Schweiz können wir nicht nur über die Zukunft diskutieren, sondern haben das Privileg, uns aktiv einzubringen und an der Wahlurne mitzubestimmen.
David Marmet, Chefökonom Schweiz
Es bleibt spannend
Der Bericht zum Vernehmlassungsverfahren erläutert im Weiteren die Wirkung auf unsere Gesellschaft und findet dabei ausschliesslich positive Beispiele. Der Begriff Dichtestress wird im Bericht allerdings nirgends erwähnt. Auf die Umwelt werde das Paket lediglich punktuelle, aber positive Auswirkungen entfalten. Politische Gegner des EU-Pakets taxieren das naturgemäss anders. Politiker, Wissenschaftlerinnen, aber auch interessierte Bürgerinnen und Bürger stehen nun vor einer spannenden und zukunftsweisenden Zeit. Vielleicht erweist sich Freitag, der Dreizehnte letztlich ja als Glückstag. In unserem Land können wir nicht nur über die Zukunft diskutieren, sondern haben das Privileg, uns aktiv einzubringen und an der Wahlurne mitzubestimmen.