Weihnachts­feier im Metaversum

Das Metaversum verspricht, dass die reale Welt besser von der grenzenlosen virtuellen Welt profitiert. Die technischen und gesellschaftlichen Herausforderungen sind jedoch gross und deren Überwindung braucht Zeit. Was dies für Anlegerinnen und Anleger bedeutet, erfahren Sie im Beitrag von Anlagespezialist Jens Schweizer.

Text: Jens Schweizer

«Im Idealbild des Metaversums fliessen Daten frei innerhalb und zwischen den Welten. Es soll nicht von einer zentralen Instanz geführt, sondern dezentral organisiert sein. Genau aus diesen hohen Ansprüchen entstehen jedoch die grössten Herausforderungen für das Metaversum», erklärt Jens Schweizer. (Bild: Getty Images)

Die besinnliche Zeit des Jahres ist angebrochen. Flackernde Kerzen und festliche Beleuchtungen erhellen die Dunkelheit. Blinkende Schaufenster und leuchtende Werbeanzeigen senden seit Wochen verlässlich ihre Lichter bis zur Reizüberflutung. Weihnachten steht vor der Tür und die kommerzielle Traumwelt soll uns Menschen die kalte und düstere Realität vergessen lassen.

Eine weitere Möglichkeit der Ablenkung bietet die virtuelle Welt des Internets. In einem nächsten technologischen Quantensprung sollen nun die realen und virtuellen Welten im Metaversum miteinander verschmelzen. Die virtuelle Welt soll erlebbar sein und die reale ergänzen oder gar ersetzen. Die unter Knappheiten leidende reale Welt soll von den fast grenzenlosen Möglichkeiten der virtuellen besser profitieren.

Im Idealbild des Metaversums fliessen Daten frei innerhalb und zwischen den Welten. Es soll nicht von einer zentralen Instanz geführt, sondern dezentral organisiert sein. Genau aus diesen hohen Ansprüchen entstehen jedoch die grössten Herausforderungen für das Metaversum: Der Schutz von Eigentum, Daten und der Privatsphäre, fehlende Standardisierung und Regelwerke sowie unbekannte Einflüsse auf soziale Normen gehören unter anderem mit dazu.

Technische und gesellschaftliche Herausforderungen

Dementsprechend könnten das die Erfolgsbedingungen des Metaversums sein:

  • Gesellschaftliches Verständnis: Beziehung zwischen den Welten klären, Schutz von Eigentum, Privatsphäre und Daten sicherstellen, standardisierte Regelwerke schaffen
  • Technische Voraussetzungen: Ausreichende Rechnerkapazitäten, breiter Einsatz von Blockchain und Tokenisierung
  • Interoperabilität: Einheitliche Zugangschancen und freier Datenfluss

Die Schaffung der technischen Voraussetzungen profitiert hier vom auch anderweitig vorangetriebenen Einsatz von Blockchain und der Tokenisierung, jedoch sind die benötigten Rechnerkapazitäten und Infrastrukturen noch für absehbare Zeit unzureichend. Auch das gesellschaftliche Verständnis braucht Zeit und politisches Interesse, das aktuell ähnlich wie bei der Entwicklung von künstlichen Intelligenzen gerade erst im Entstehen begriffen ist.

Konsum und Kontakte

Im Vordergrund der aktuellen Anwendung des Metaversums stehen die am einfachsten kommerzialisierbaren Bereiche vor allem in der Unterhaltungs- und Konsumgüterbranche. Im Ansatz entstehen hier verschiedene rudimentär erlebbare virtuelle Räume. Beispielsweise können Sie sich in «Decentraland» zur virtuellen Modeschau oder Weihnachtsfeier treffen sowie Produkte und Grundstücke erwerben. Das Metaversum kann hier Konsum und Kontakte vereinfachen. Anbieter erschliessen neue Märkte und Nutzerinnen erfahren neue Erlebnisse. Auch in der Industrie wird das Metaversum ansatzweise eingesetzt. BMW erstellt beispielsweise vor dem physischen Bau von Fabrikationsstrassen virtuelle Modelle, um Fehler frühzeitig zu erkennen.

Mehr als eine Traumwelt

Das Metaversum könnte also viel mehr als eine Traumwelt sein. Unternehmen, die sich frühzeitig mit der Entwicklung oder später der Anwendung befassen, dürften davon profitieren, wenn auch nicht in allen Branchen gleich. Ob und wann das Metaversum jedoch seinen Durchbruch erfährt, steht noch in den Sternen. Geniessen Sie aber doch zuerst Weihnachten. Auf ein frohes Fest!

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