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Quantensprünge mit Quantencomputern

Quantencomputer rechnen theoretisch schneller als herkömmliche Modelle. Praktisch gibt es noch einige Herausforderungen zu meistern. Was dies mit einem Labyrinth zu tun hat und für Anlegerinnen und Anleger bedeutet, lesen Sie im Beitrag von Anlagespezialist Jens Schweizer.

Text: Jens Schweizer

Quantencomputing
Herkömmliche Computermodelle werden Schwierigkeiten haben, die benötigten Kapazitäten bereitzustellen.

Rasant und unaufhaltsam schreitet die Digitalisierung voran. Die Verlagerung von der analogen in die digitale Welt erfordert vor allem immer höhere Rechenleistung. Aktuell liegt der öffentliche Fokus deshalb auf dem Aufbau von Kapazitäten und Infrastruktur, während die Wissenschaft an Super­computern forscht. Es ist jedoch absehbar, dass herkömmliche Computer­modelle Schwierigkeiten haben werden, die benötigten Kapazitäten bereitzustellen, und für komplexe Aufgaben sogar gänzlich unzureichend sind.

Übliche Computer rechnen im sogenannten Binärsystem, kennen also nur die Zustände 0 und 1. Um dies vereinfacht zu veranschaulichen: Stellen Sie sich ein Labyrinth vor, in dem bei jeder Abzweigung zwei neue Wege gabeln. Dabei gibt es vom Eingang zum Ausgang genau einen richtigen Weg. Der Rechner muss nach Abschreiten eines Weges immer wieder zum Startpunkt zurückkehren. Bei zwei Abzweigungen ist dies noch meisterbar, denn der Computer muss nur vier Wege ablaufen. Doch schon bei acht Abzweigungen müssten 256 (2⁸) Wege abgeschritten werden. Bei 25 Abzweigungen sind es bereits über 33 Millionen (2²⁵).

Viel schneller würde es gehen, könnte man mehrere oder alle Wege gleichzeitig abschreiten. Dann müsste man theoretisch gleichzeitig an mehreren Orten sein. Ein Ding der Unmöglichkeit? Nein, sagt die Quanten­physik. Objekte können sich gleichzeitig in mehreren Zuständen befinden. Auf dieser Basis wird an sogenannten Quanten­computern geforscht. Diese arbeiten nicht nur mit den Zuständen 0 und 1 ihrer Informations­träger (Bits), sondern mit einem Vielfachen. Quantenbits (Qubits) können verschiedene Zustände gleichzeitig annehmen und so den Rechen­prozess mindestens theoretisch beschleunigen.

Beständigkeit der Quantenbits als zentrale Herausforderung

Aktuell gibt es verschiedene Verfahren zur Erstellung von Quantenbits. Gemein ist diesen die zentrale Herausforderung: die Beständigkeit. Es ist sehr anspruchsvoll, Quanten­zustände zu halten. Umwelt­einflüsse können rasch zum Verlust der fragilen Qubits führen, was Fehler in den Berechnungen zur Folge hat. Die Forschung arbeitet zurzeit mit Hochdruck an Korrektur­algorithmen. Die Überlegenheit von Quanten­computern gegenüber herkömmlichen Rechnern ist damit noch nicht erreicht. Hier gibt es sehr unterschiedliche Einschätzungen unter Expertinnen und Experten, wann dies erreicht sein wird. Man spricht von ein paar Jahren bis zu Jahrzehnten.

Nicht unglücklich über eine Verzögerung ist die Cyber­sicherheit. Denn heutige Verschlüsselungs­techniken beruhen mehrheitlich darauf, dass die Entschlüsselung aufgrund der sehr hohen Anzahl möglicher Kombinationen zu lange dauern würde. Dies wäre mit potenten Quanten­computern anders. Vor dem sogenannten Q-Day müssen hier also ebenfalls noch Fortschritte gemacht werden.
 

Quanten­sprünge mit Quanten­computern wären möglich, denn Rechen­leistung ist die Währung der Zukunft

Jens Schweizer, Anlagespezialist

Technologie in Frühphase, Potenzial beträchtlich

Sollten Forschende es schaffen, die Technologie praktikabel zu machen, wäre das wirtschaftliche Potenzial beträchtlich. Quanten­sprünge wären möglich, denn Rechen­leistung ist die Währung der Zukunft. Grosse finanzielle Gewinne schreiben die involvierten Unternehmen damit allerdings bisher nicht, im Gegenteil. Die Entwicklung der Technologie schreitet voran, ist aber noch in einer frühen Phase. Einzelne Unternehmen haben sich voll und ganz der Forschung an Quanten­computern verschrieben, aber auch breiter aufgestellte Unternehmen sind involviert. Einzelne Firmen könnten aufgrund des experimentellen Stadiums der Entwicklung auch wieder verschwinden. Für Anlegerinnen und Anleger ist eine diversifizierte Herangehensweise angeraten, denn Aktienkurse kennen nur zwei Zustände – hoch oder runter.

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