SNB: Überraschungen bleiben aus
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) lässt ihren Leitzins unverändert bei 0%. Dies ist alles andere als eine Überraschung, hatte doch das SNB-Direktorium im Vorfeld zum heutigen Zinsentscheid wiederholt betont, dass die Hürden für einen negativen Leitzins hoch seien. Die inländischen Marktbeobachter waren sich für einmal einig, dass die seit Juni geltende Nullzinspolitik vorerst fortgeführt wird. Wie die SNB in ihrer heutigen Medienmitteilung zur geldpolitischen Lagebeurteilung schreibt, ist sie weiterhin bereit, bei Bedarf am Devisenmarkt aktiv zu sein.
Text: David Marmet

Schweizer franken zum Euro im Seitwärtskanal
Die erwähnten Kosten der Negativzinsen sind sicherlich ein relevanter Punkt für die Beibehaltung der aktuellen Zinspolitik. Mindestens so wichtig ist aber die wirtschaftliche Gemengelage: Eine noch expansivere Geldpolitik braucht es zurzeit nicht. So hat sich der Schweizer Franken gegenüber dem Euro seitwärts entwickelt – und das nicht erst in den letzten Wochen, sondern generell bereits seit einem Jahr. Dabei gilt es zu beachten, dass zur Sicherung der Preisstabilität dem EUR/CHF-Kurs eine zentrale Rolle zukommt, da nur rund 45 Prozent aller Schweizer Warenexporte in den Euroraum gehen, die Schweiz aber knapp zwei Drittel ihrer Waren von dort bezieht. Zudem bleibt die Zinsdifferenz zur Eurozone vorerst erhalten, hat doch die Europäische Zentralbank in diesem Monat keine Zinsänderung vorgenommen und dabei angedeutet, dass dies auch in naher Zukunft so bleiben dürfte. Diese Zinsdifferenz ist mit 2 Prozentpunkten derzeit überdurchschnittlich hoch; in den letzten 20 Jahren betrug die Differenz im Durchschnitt 0.48 Prozentpunkte. Hingegen hat sich der US-Dollar zum Franken markant abgeschwächt. Einer Dollarschwäche mit einer SNB-Zinssenkung beizukommen, wäre indes ein «Kampf gegen Windmühlen».
Bedingte Inflationsprognose: Es geht aufwärts
Auch zur Gewährleistung der Preisstabilität bracht es zurzeit keine expansivere Geldpolitik. Im 1.Halbjahr 2025 ist die Inflation zwischenzeitlich zwar etwas tiefer ausgefallen als von der SNB und den Marktteilnehmern erwartet. Im Juli und August blieben weitere negative Überraschungen aber aus. Die heute von der SNB aktualisierte Inflationsprognose zeigt für die kommenden Quartale einen leichten Inflationsanstieg. So prognostiziert die SNB – gegenüber der Juni-Prognose unverändert – für 2025 eine Inflationsrate von 0.2 Prozent, für nächstes Jahr eine von 0.5 Prozent und für 2027 eine solche von 0.7 Prozent. Wir teilen diese Einschätzung im Grossen und Ganzen, gehen wir doch von einer Teuerung von 0.3, 0.5 und 0.8 Prozent aus. In der mittleren Frist scheint die Preisstabilität also gewährleistet zu sein und – noch besser – die Inflation bewegt sich gar in Richtung Mitte des von der SNB angepeilten Zielbandes von 0 bis 2%. Ein dicker Wermutstropfen ist jedoch zweifelsohne die konjunkturelle Abschwächung, die sich bereits vor den Zollquerelen mit den USA abgezeichnet hatte. So hat sich das Beschäftigungswachstum deutlich abgeschwächt und die Arbeitslosigkeit nimmt langsam, aber stetig zu. Folgerichtig hat die SNB ihre BIP-Wachstumsprognose für nächstes Jahr von 1 bis 1.5 Prozent auf knapp 1 Prozent korrigiert. Die Gefahr, dass es nicht beim Wermutstropfen bleibt, muss eng beobachtet werden.
Stehen Negativzinsen vor der Tür? Einiges spricht dagegen
Anfang September hatte SNB-Präsident Martin Schlegel angekündigt, die Kommunikation der Geldpolitik aktiver und transparenter zu machen. Vier Wochen nach dem geldpolitischen Entscheid soll neu die SNB-interne geldpolitische Diskussion in zusammengefasster Form publiziert werden. Wir werden also gegen Ende Oktober erstmals diese Art von Protokoll lesen können. Ob sich da aber Hinweise auf den nächsten geldpolitischen Entscheid vom Dezember finden lassen, darf bezweifelt werden. Dennoch erwarten wir, dass die Nullzinspolitik gekommen ist, um zu bleiben. Die geopolitische Lage bleibt fragil, die konjunkturellen Risiken sind erhöht. Hingegen bewegt sich die Inflation in die «richtige Richtung» und gemäss unserer Prognose wird sich der EUR/CHF-Kurs seitwärts entwickeln. Zusammengenommen spricht also einiges für eine unveränderte Zinspolitik in den nächsten Quartalen. Wir gehen deshalb davon aus, dass der SNB-Leitzins Ende Jahr und darüber hinaus bei 0 Prozent verharren wird.