USA und EU erzielen Einigung im Handelskonflikt
US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen haben eine Handelseinigung erzielt, die neue Importzölle und milliardenschwere Investitionen umfasst. Erfahren Sie im Beitrag, wie dies für Wirtschaft und Finanzmärkte einzuordnen ist.
Text: Martin Weder

US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen haben am Wochenende eine Handelseinigung erzielt. Demnach verhängen die USA künftig einen Importzoll von 15 Prozent auf die meisten Güter aus der EU, darunter auch auf wichtige Exportgüter wie Automobile, die bisher einem höheren Zoll von 25 Prozent unterlagen. Zusätzlich verpflichtet sich die EU zu umfangreichen Energieimporten in der Höhe von USD 750 Mrd sowie zu Investitionen in den USA über USD 600 Mrd.
Darüber hinaus hat die EU auch zugesagt, milliardenschwere Rüstungskäufe in den USA zu tätigen. Mit der Einigung konnte das Risiko abgewendet werden, dass mit dem Ablauf der von den USA gesetzten Frist vom 1. August deutlich höhere Importzölle von 30 Prozent in Kraft gesetzt worden wären. Sowohl für die Finanzmärkte als auch für die Unternehmen herrscht mit der Einigung somit wieder etwas mehr Klarheit und Planungssicherheit, was positiv zu werten ist.
Die EU gehört zu den wichtigsten Handelspartnern der USA und war in den vergangenen Monaten für knapp 20 Prozent aller US-Importe verantwortlich.
Entspannung im Handelskonflikt
Bereits vergangene Woche hatte die USA eine Einigung mit Japan erreicht, welche ebenfalls einen Importzoll von 15 Prozent sowie eine Zusicherung für umfangreiche Investitionen in den USA vorsieht. Zuvor waren bereits Abkommen mit asiatischen Schwellenländern wie Vietnam, Indonesien und den Philippinen unterzeichnet worden. Die Verhandlungen zwischen China und den USA laufen separat und mit Fokus auf gegenseitige Handelsrestriktionen. Der aktuelle Entwurf sieht eine weitere Fristverlängerung von drei Monaten vor. Die Verhandlungen mit Mexiko und Kanada sowie weiteren Ländern wie Indien und Südkorea dauern noch an. Die Schweiz hat Donald Trump eine Absichtserklärung überreicht und wartet noch auf die Antwort der USA. Damit hat sich die Lage im Handelskonflikt insgesamt klar entspannt. Mit den fünf wichtigsten Handelspartnern, die für knapp zwei Drittel des Handelsbilanzdefizits der USA ver-antwortlich sind, liegt nun eine Einigung vor oder es laufen zumindest entsprechende Verhandlungen.
Deutliche Wachstumsverlangsamung in den USA erwartet
Obwohl die Unsicherheit im Handelskonflikt abgenommen hat, sind die Risiken nicht komplett verschwunden. Viele Details der erzielten Einigungen sind noch unklar. Darüber hinaus könnte US-Präsident Trump jederzeit neue Zolldrohungen ausstossen, falls er zu wenig Fortschritte bei den Investitionen oder beim Abbau des US-Handelsbilanzdefizits sieht. Die effektiven US-Importzölle dürften sich auf einem Niveau von 15 bis 20 Prozent einpendeln, was dem höchsten Stand seit den 1930er-Jahren entspricht. Die Zölle wirken wie eine Steuer, deren Kosten von Unternehmen und Konsumentinnen und Konsumenten getragen werden. Die US-Wirtschaft hat sich bisher als widerstandsfähig erwiesen, wobei aber auch Vor-zieheffekte, wie das Aufstocken von Lagerbeständen, den wirtschaftlichen Verlauf begünstigt haben. Einige US-Unternehmen berichten aber bereits von stark steigenden Kosten, zumal auf wichtige Inputgüter wie Stahl, Aluminium und Kupfer markant höhere Zölle von 50 Prozent zur Anwendung kommen. Die Experten der Zürcher Kantonalbank rechnen deshalb in den USA unverändert mit einer deutlichen Wachstumsverlangsamung sowie mit einer höheren Inflation. Ein Anstieg des Preisniveaus führt, selbst wenn er nur temporär ist, zu einem schwächeren Konsum oder zu einer Margenreduktion der Unternehmen. Beides dürfte den US-Aktienmarkt früher oder später belasten. Der US-Anleihemarkt und der US-Dollar senden immer wieder warnende Signale, dass die höheren Zölle und die steigende Verschuldung nach wie vor das Risiko einer anziehenden Inflation und Wachstumsverlangsamung bergen.