Greenwashing identifizieren und vermeiden

Am Pensionskassentag der Zürcher Kantonalbank nahm Fabio Pellizzari zum Thema Greenwashing bei nachhaltigen Anlagen Stellung. Er hat klare Botschaften, wie Greenwashing zu vermeiden ist.

Interview mit Fabio Pellizzari

Fabio Pellizzari, Leiter ESG Strategy & Development: «Es liegt im ureigensten Interesse der Bank, Greenwashing zu vermeiden.»

Fabio Pellizzari, Anleger:innen sind enttäuscht und schnell macht das Wort vom Greenwashing die Runde, wenn in einem als nachhaltig bezeichneten Fonds zum Beispiel Unternehmen aus der Ölbranche als wesentliche Fondsposition auftauchen. Zurecht?

Fabio Pellizzari: Der Vorwurf des Greenwashing beruht in den meisten Fällen auf einem Missverständnis. Vor allem Privatanleger:innen haben gegenüber nachhaltigen Anlagen falsche Erwartungen. Mit etwas mehr Finanzwissen wäre der Dschungel an Nachhaltigkeitsansätzen schnell nicht mehr so undurchdringlich wie er jetzt manchen erscheinen mag. Aufgabe der Finanzbranche ist es, solchen falschen Erwartungen mit transparenten Informationen entgegenzuwirken, genauso wie dem Vorwurf, dass «grüne» Image nur zu pflegen, um so mehr Gewinne zu erzielen.

Häufige Gründe für Greenwashing-Vorwürfe

Quelle: Zürcher Kantonalbank, Asset Management

Aber es gibt doch tatsächlich eindeutig identifizierte Fälle von Greenwashing?

Ja, das ist richtig. Es gibt in einer insgesamt seriös arbeitenden Branche einige schwarze Schafe. Deshalb ist es wichtig, unter anderem folgende Punkte zu kennen, die bei der Identifikation von Greenwashing hilfreich sein können:

  • Die Positionierung des Fonds widerspricht marktüblichen Praktiken, z.B. bei der Behandlung von Kontroversen oder der Verwendung marktüblicher Ausschlusslisten.
  • Es werden täuschende oder irreführende Angaben zum einem Produkt, einer Dienstleistung gemacht. Das kann nicht nur den Fondsanbieter betreffen, sondern auch Unternehmen, deren Aktien bzw. Anleihen gekauft werden.
  • Greenwashing kann auch bei der Anlageberatung passieren. Das ist der Fall, wenn das beworbene oder verkaufte «grüne» Produkt nicht mit den deklarierten Kundenpräferenzen übereinstimmt.

Was tun Sie als Leiter ESG Strategy & Development gegen Greenwashing?

Es liegt im ureigensten Interesse der Bank, Greenwashing zu vermeiden. Greenwashing stellt ein Compliance- und Reputationsrisiko dar, das rasch zu einem Risiko für das Gesamtbusiness werden kann. Wir bei der Zürcher Kantonalbank begegnen solchen potenziellen Risiken mit transparenten Anlageprozessen und kontinuierlichen Nachhaltigkeitsreportings.

Was muss die Branche tun?

Standards werden helfen, die schwarzen Schafe zu identifizieren. Ich wäre froh, wenn die Finanzbranche das auf dem Weg der Selbstregulierung hinbekommt. Auf Seiten der Anleger:innen sollte die finanzielle Bildung so weit reichen, dass die wichtigsten nachhaltigen Konzepte wie Ausschlusskriterien, Investment Stewardship und die Verwendung von ESG-Kriterien eingeordnet werden können. Dass hier Nachholbedarf besteht, habe ich bereits in einem früheren Beitrag dargelegt. Schlussendlich ist es wie bei jeder Kommunikation: Wir haben Sender und Empfänger. Kommunikation ist erfolgreich, wenn es gelingt, Missverständnisse auf beiden Seiten zu vermeiden und störende Nebengeräusche zu minimieren. Mit Letzterem appeliere ich ausdrücklich an die Presse, die vom Begriff Greenwashing derzeit geradezu inflationär Gebrauch macht.

Das Thema nachhaltige Anlage ist doch so zentral, weil politisches, gesellschaftliches und wirtschaftliches Interesse Hand in Hand gehen sollen, um die Herausforderung des Klimawandels zu bestehen. Ist nicht deshalb das Interesse so gross?

Rund elf Prozent des Vermögens der Schweizer Publikums-Fonds sind aktuell nachhaltig angelegt. Es wäre womöglich interessant, über die 89 Prozent zu sprechen, welche nicht nachhaltig angelegt sind.

Greenwashing: 4 Kernbotschaften

  1. Greenwashing stellt für Finanzanbieter ein bedeutendes Risiko dar. Seine Vermeidung liegt im ureigendsten Interesse der Bank.
  2. Die Urspünge der Greenwashing-Vorwürfe sind vielfältig. Wir sehen unterschiedliche Vorstellungen, falsche Erwartungen, mangelndes Finanzwissen und fehlende Standards.
  3. Entscheidend für die Unterbindung von Greenwashing ist die Installation einer entsprechenden Governance sowie die Professionalität am Point of Sale.
  4. Nebst der Finanzbrache sind auch die Medien, die Politik und die Investor:innen selbst gefordert.

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Nachhaltigkeit