«ESG-Kompass Aktien» zeigt: In der Schweiz kotierte Unternehmen schneiden im Vorjahres­vergleich leicht besser ab

Medienmitteilung vom 14. Dezember 2023

  • Das Research der Zürcher Kantonalbank hat im ESG Kompass Aktien 141 kotierte Schweizer Aktiengesellschaften bezüglich ESG-Faktoren analysiert
  • Fünf Unternehmen erreichen die höchste ESG-Ratingkategorie, neun Unternehmen haben Nachholbedarf
  • Mit aktuell 57 Prozent gegenüber 46 Prozent im 2022 haben deutlich mehr Unternehmen Netto-Null-Ziele veröffentlicht
  • Die Anzahl der Unternehmen, die weder Ziele zur Emissionsreduktion noch zu Netto-Null haben, hat sich innert eines Jahres von 23 Prozent auf 8 Prozent reduziert
  • Der Finanzsektor schneidet bei ESG erneut am besten ab, gefolgt vom Gesundheitswesen
  • Bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung gewinnt die Global Reporting Initiative (GRI-Standard) zunehmend an Relevanz
  • Schweizer Unternehmen sind sehr aktiv im Bereich der Emissionskompensation mittels CO2-Zertifikaten. Hinsichtlich Zertifikatsqualität ist jedoch Vorsicht geboten
     

Das Research der Zürcher Kantonalbank hat in seinem diesjährigen ESG-Kompass Aktien 141 in der Schweiz kotierte Aktiengesellschaften hinsichtlich Nachhaltigkeit nach Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungskriterien (ESG-Faktoren) analysiert und bewertet. Bei der Zielerreichung von Netto-Null bis 2050 kommt den Schweizer Unternehmen sowie den Investorinnen und Investoren eine massgebliche Rolle zu.

Der nun zum zweiten Mal von der Zürcher Kantonalbank publizierte ESG-Kompass Aktien zeigt, dass von den 141 analysierten Aktiengesellschaften aktuell 81 (57%) Ziele zur Erreichung von Netto-Null veröffentlicht haben. Dies ist eine erfreuliche Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr, als nicht einmal die Hälfte (46%) dieser Unternehmen Netto-Null-Ziele aufwies. Gleichzeitig hat sich die Anzahl der Unternehmen ohne Nachhaltigkeitsziele beziehungsweise -initiativen mehr als halbiert. Dennoch: Gemäss der Auswertung haben 11 (8%) (2022: 32 bzw. 23%) der 141 analysierten börsenkotierten Schweizer Unternehmen weder Ziele zur Emissionsreduktion noch zu Netto-Null veröffentlicht. «Es ist noch deutliches Verbesserungspotenzial vorhanden. Wir erachten die fehlenden Ambitionen als kritisch, auch weil gemäss Verordnung zur Klimaberichterstattung künftig quantitative CO2-Ziele sowie Aktivitäten zur CO2-Reduktion zwingend berichtet werden müssen», sagt Omar Brem, Leiter Research der Zürcher Kantonalbank.

Fünf Unternehmen mit höchstem ESG-Rating, neun mit Nachholbedarf

Fünf Unternehmen (4%) aus dem gesamten ESG-Research-Universum erhalten die höchste Ratingkategorie von fünf Sternen. Zu den ESG-Leadern gehören nebst Givaudan, Roche, Sika und Swisscom neu auch SGS. 67 Unternehmen (47%) stuft das Research-Team der Zürcher Kantonalbank mit vier Sternen (ESG-konform) ein, was die hohe Qualität dieser Schweizer Unternehmen hinsichtlich Nachhaltigkeit dokumentiert. 60 Unternehmen (42%) erhalten drei Sterne (überwiegend ESG-konform) und insgesamt neun Unternehmen (7%) werden mit zwei (Nachholbedarf bei ESG-Themen) oder weniger Sternen (erheblicher Nachholbedarf bei ESG-Themen bzw. nicht ESG-konform) bewertet. Gegenüber dem Vorjahr hat die Anzahl Drei-Sterne-Ratings deutlich zugenommen, wobei die Anzahl Zwei-Sterne- und Vier-Sterne-Ratings zurückging. Die Veränderungen bei den Zwei-Sterne-Ratings auf Drei-Sterne-Ratings lässt sich teilweise auf Fortschritte im Themengebiet Umwelt (E) zurückführen. Gleichzeitig lassen sich einige Herabstufungen von Vier-Sterne-Ratings auf Drei-Sterne-Ratings mit weniger Punkten im Themengebiet Governance (G) und mit tieferen quantitativen Werten erklären. Insgesamt resultiert ein leicht gestiegener Durchschnittswert von 3,48 Sternen gegenüber 3,42 Sternen im letzten Jahr.

 

Ratingverteilung der analysierten Unternehmen

ESG-Kompass Aktien 2023: Rating-Verteilung 2022 vs. 2023
Hinweis: Im Jahr 2023 wurden für 141 Unternehmen ESG-Ratings definiert (vs. für 142 im 2022)

Die Sektoren Finanzen und Gesundheitswesen schneiden erneut am besten ab

Ähnlich wie 2022 schneiden die Finanzbranche (Banken und andere Finanzinstitute, Versicherungen) sowie das Gesundheitswesen in der ESG-Bewertung im Durchschnitt am besten ab. Generell erzielen Unternehmen im Bereich Governance (G) tendenziell die tiefsten und bei den sozialen Aspekten (S) tendenziell die höchsten Bewertungen.

Die hohen Bewertungen bei den sozialen Aspekten (S) sind auf die Produktqualität und -ethik zurückzuführen sowie auf Massnahmen im Bereich der sozialen Verantwortung und dem gesellschaftlichen Mehrwert. Die tendenziell tiefen Bewertungen im Bereich Governance (G) stehen unter anderem im Zusammenhang mit dem Optimierungspotenzial im Bereich der Unternehmensführung sowie den erhöhten Berichterstattungsanforderungen.

Im Umweltbereich (E) führen die Emissionen zu generell tieferen Bewertungen, wobei neben den Banken und anderen Finanzdienstleistern auch Konsumgüterunternehmen tiefere Werte aufweisen. Bei Letzteren drückt die darin enthaltene emissionsintensive Luxus-, Reise- und Tourismusbranche den Durchschnitt. Subsektoren, die in den Bereichen Umwelt (E) und soziale Aspekte (S) besonders positiv herausstechen, sind Versicherungen, sonstige Technologie (Software und Halbleiter), Medizintechnik sowie Pharma und Biotech.

Führende Unternehmen bei der CO2-Reduktion

Um Emissionen zu vermeiden, setzen Unternehmen auf die Vermeidung, Reduktion und Kompensation von Scope-1- und Scope-2-Emissionen. Scope-3-Emissionen werden beim Netto-Null-Standard gemäss der Science Based Targets initiative (SBTi) bereits mitberücksichtigt. So ist beispielsweise EMS-Chemie seit Anfang 2020 auf Gruppenebene CO2-neutral (Scope 1 und 2) und seit 2021 weltweit und an allen Standorten CO2-negativ. Auch Givaudan überzeugt mit einer klaren Roadmap für Emissionsreduktionen und hat bereits gute Fortschritte erzielt. Swisscom wurde bereits 2020 im Bereich der Scope-1- und Scope-2-Emissionen klimaneutral. Als eines der ersten Schweizer Unternehmen hat Swisscom das Ziel, bis 2025 die CO2-Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette auf Netto-Null zu senken (Scope 1 bis 3). Auch Swiss Re weist klare Meilensteine für ambitionierte Emissionsreduktionsziele auf und berücksichtigt Nachhaltigkeitsaspekte stark bei ihrer Anlagetätigkeit.

Unternehmen mit dem grössten CO2-Fussabdruck

Branchenbedingt gehören Unternehmen aus der material- und energieintensiven Produktion im Industriesektor zu den grössten CO2-Verursachern. Holcim generiert rund 80% der CO2-Emissionen des gesamten Swiss Market Index (SMI). Werden die absoluten Emissionen (Scope 1 bis 3) berücksichtigt, dann stechen wie bereits im Vorjahr Holcim (130 Mio. Tonnen CO2), ABB (125 Mio. Tonnen CO2) und Nestlé (112 Mio. Tonnen CO2) hervor.

66% (2022: 44%) der 141 analysierten Unternehmen weisen ihre eigenen Emissionen aus. Dabei liegt der Durchschnitt der direkten und indirekten Emissionen (Scope 1 und 2) bei 1,06 Mio. Tonnen CO2 (2022: 2,34 Mio. Tonnen CO2). Die Veränderungen gegenüber dem Vorjahr sind mit Vorsicht zu verstehen, da im 2022 viele kleinere Unternehmen das erste Mal Emissionen ausgewiesen beziehungsweise publiziert haben. Mit 56% (2022: 37%) der Unternehmen weisen auch deutlich mehr Scope-3-Emissionen aus.

 

CO2-Fussabdruck je Unternehmen (nur Scope-1- und Scope-2-Emissionen)

ESG-Kompass Aktien 2023: Scope 1 und 2 Emissionen
Hinweis: Emissionen und Umsatz beziehen sich auf im 2023 publizierte Daten des Jahres 2022, Holcim mit verkürzter Darstellung. Die Abbildung stellt die absoluten CO2-Emissionen je Unternehmen (aufgeteilt nach Scope 1 und Scope 2) sowie die relativen Emissionen im Verhältnis zur Unternehmensgrösse (Umsatz) dar.

Schweizer Unternehmen kompensieren stark über CO2-Zertifikate

Emissionen werden vorwiegend in den obligatorischen Kompensationsmärkten (Compliance Carbon Markets, CCMs) und zudem in den freiwilligen Kompensationsmärkten (Voluntary Carbon Markets, VCMs) kompensiert. Die obligatorischen Kompensationsmärkte mit einem geschätzten Marktvolumen von USD 260 Mrd. sind für einige Unternehmen bedeutender als die freiwilligen Kompensationsmärkte mit USD 1 Mrd. bis 2 Mrd. Gleichwohl erwartet das Research-Team der Zürcher Kantonalbank und weitere Experten über die kommenden Jahre eine deutlich höhere Wachstumsdynamik in den freiwilligen Kompensationsmärkten, da viele Organisationen zur Erreichung ihrer ambitionierten Netto-Null-Ziele voraussichtlich auch auf die freiwillige Kompensation angewiesen sein werden.

«Wir betrachten die Emissionskompensation mittels CO2-Zertifikaten als eine mögliche Lösung, priorisieren jedoch klar die Emissionsvermeidung und -reduktion. Unternehmen sollen sich aktiv und glaubwürdig mit einem Netto-Null-Absenkpfad für den dringend notwendigen Klimaschutz einsetzen und ihre Verpflichtungen nicht durch Zahlungen als erfüllt betrachten», sagt Omar Brem. Zudem sei bei der freiwilligen Emissionskompensation mit Zertifikaten Vorsicht hinsichtlich Zertifikatsqualität geboten, da der freiwillige Zertifikatemarkt unreguliert, die Mittelverwendung teilweise undurchsichtig, die Kompensationsberechnungen umstritten und die Projektdurchführung in fernen Ländern selten von Zertifikatsanbietern überwacht werde.

Nachhaltigkeitsberichterstattung gewinnt zusehends an Relevanz

Bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung ändert sich aktuell einiges. Ab 2024 gelten für Schweizer Unternehmen Offenlegungspflichten in den Bereichen ESG-Reporting inklusive CO2-Ziele, Sorgfaltspflichten sowie Klimaberichterstattung gemäss Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD). In der weltweiten Nachhaltigkeitsberichterstattung spielt die Global Reporting Initiative (GRI) eine wesentliche Rolle, denn sie macht Anstrengungen im Bereich Nachhaltigkeit der Unternehmen sicht- und vergleichbar. Der GRI-Standard wird mittlerweile von über 10'000 Organisationen in mehr als 100 Ländern angewendet, so auch auf dem Schweizer Finanzplatz. Bei den von der Zürcher Kantonalbank untersuchten Unternehmen fällt positiv auf, dass 77% die GRI-Standards berücksichtigen. Letztes Jahr lag der Anteil mit 71% noch tiefer.

«Eine ESG-Berichterstattung in Übereinstimmung mit GRI sowie die Auditierung dieser Berichterstattung gewinnen für uns stark an Relevanz», sagt Omar Brem. Gemäss der Analyse des Research-Teams weisen 28 Unternehmen eine solche Berichterstattung aus. Dazu gehören beispielsweise UBS, Swisscom, Roche, Barry Callebaut und Cembra. Drei Unternehmen weisen nur wenige Nachhaltigkeitsinformationen aus.

Ausprägungen der GRI-Berichterstattung von Schweizer Unternehmen

ESG-Kompass Aktien 2023: Stufen der Berichterstattung
Grafik: Exemplarische Unternehmen hinsichtlich Ausprägung der Nachhaltigkeitsberichterstattung aus Sicht des Research der Zürcher Kantonalbank

Methodik des ESG-Kompasses Aktien

Das ESG-Rating des Research der Zürcher Kantonalbank basiert auf einer Kombination von quantitativen und qualitativen Einschätzungen. Die Bank vermittelt ein differenziertes Bild relevanter Nachhaltigkeitsaspekte einer Unternehmung und macht Nachhaltigkeit messbar, transparent und vergleichbar – und das über Sektoren und Branchen hinweg.

Eine Besonderheit der Nachhaltigkeitsanalyse ist die zukunftsgerichtete Beurteilung – hierbei fliessen Trends und zukünftige Massnahmen in die ESG-Bewertung mit ein. Entlang von zwölf Kategorien – je vier im Bereich Umwelt, soziale Aspekte und Unternehmensführung – vergibt die Bank einen qualitativen Score sowie eine Einschätzung zum Trend (negativ, neutral, positiv). Daraus resultiert für jedes Unternehmen ein ESG-Rating (0 bis 5 Sterne).

Die Zürcher Kantonalbank bietet das ESG-Research für den Schweizer Aktienmarkt an. Jene 141 in der Schweiz kotierten Aktiengesellschaften decken 97% der Marktkapitalisierung des Swiss Performance Index ab.

Die Zürcher Kantonalbank ist hierzulande die grösste Anbieterin von Sell-Side-Research von Aktien-, Obligationen- und Immobilienfonds. Über die 141 Aktiengesellschaften hinaus deckt sie über 40 indirekte Immobiliengefässe sowie rund 180 Bond-Emittenten ab.