Schweizer Pensionskassenstudie 2025: Hohe Ambitionen zahlen sich aus – besonders für die Versicherten
Medienmitteilung vom 28. Mai 2025
- 25 Jahre Schweizer Pensionskassenstudie zeigen: Die Versicherten profitierten trotz zahlreicher Krisen fast immer von einer positiven Realverzinsung.
- Die Unterschiede bei der Verzinsung sind riesig – besonders in guten Börsenjahren. 2024 erhielten einige Versicherte fünfmal mehr Zins als andere.
- Die Verzinsung hängt von der Rendite ab, doch eine Top-Performance ist keine Frage der Risikofähigkeit: Auch weniger risikofähige Kassen erzielen hohe Renditen.
- Manche Kassen schöpfen ihre Möglichkeiten nicht aus und vergeben damit Chancen für die Versicherten: Ist das Schweizer Vorsorgesystem zu wenig ambitioniert?
- Immer mehr Versicherte beziehen das Kapital statt der Rente: Der Umwandlungssatz ist wider Erwarten nicht das Hauptmotiv – wichtiger scheint die finanzielle Freiheit.
Die 25. Ausgabe der Pensionskassenstudie unterstreicht die hohe Stabilität der 2. Säule. Die Reserven der Vorsorgewerke sind momentan so gross wie noch selten: Ende 2024 erreichten die privaten Pensionskassen mit 117 Prozent den zweithöchsten Deckungsgrad der letzten 25 Jahre. Und selbst von den Rückschlägen im April haben sich die Deckungsgrade schnell wieder erholt. Das zeigt, dass die berufliche Vorsorge gut aufgestellt ist für unsichere Zeiten.
Im Langzeitvergleich zeichnet sich die 2. Säule durch eine hohe Konstanz und Verlässlichkeit aus: Trotz zahlreicher Krisen profitierten die Versicherten in den vergangenen 25 Jahren stets von einer positiven Realverzinsung – einzig 2022 verzehrte die hohe Inflation die relativ bescheidenen Zinsen. Die Pensionskassen glätten die Kursschwankungen an den Finanzmärkten also zugunsten der Versicherten. Mehr noch: Die erzielten Renditen sind mit einem kumulierten Beitrag von 38 Prozent seit dem Jahr 2008 die wichtigste Einnahmequelle der 2. Säule – noch vor den Beiträgen der Arbeitgeber mit 36 Prozent und Arbeitnehmer mit 26 Prozent.
Massive Unterschiede zwischen den Kassen bei der Verzinsung
Die Versicherten profitieren jedoch nicht alle gleich stark von den Renditen des «dritten Beitragszahlers». Mit durchschnittlich 4,3 Prozent verzinsten die Vorsorgeeinrichtungen im vergangenen Jahr so grosszügig wie in den letzten 20 Jahren erst einmal im Jahr 2021 – und wie damals sind die Unterschiede zwischen den Kassen erneut enorm. 2024 erhielten manche Versicherte mehr als fünfmal so viel wie andere: Die 10 Prozent der Kassen mit der tiefsten Verzinsung gaben im Schnitt nur 1,75 Prozent an die Versicherten weiter und lagen damit nicht weit über dem BVG-Minimum von 1,25 Prozent. Die 10 Prozent mit den höchsten Zinssätzen verzinsten hingegen satte 8,25 Prozent – also fast doppelt so viel wie der Schnitt.
Das vergangene Jahr machte erneut deutlich, wie stark die Verzinsung von der Performance abhängig ist. Die Zinssätze der renditestärksten 10 Prozent der Kassen waren fast doppelt so hoch wie jene der schwächsten 10 Prozent: Die Top-Performer erzielten im Schnitt eine Rendite von 10,8 Prozent und verzinsten 7,2 Prozent. Die Bottom-Performer kamen hingegen lediglich auf eine Rendite von 4,8 Prozent und verzinsten nur 3,9 Prozent.
Top-Performance ist keine Frage der Risikofähigkeit
Die grossen Unterschiede bei der Performance – und damit auch bei der Verzinsung – werden häufig mit der Risikofähigkeit begründet, da diese die Anlagestrategie einer Pensionskasse massgeblich beeinflusst. Wie risikofähig eine Pensionskasse ist, hängt vor allem davon ab, wie hoch der Anteil des Vorsorgekapitals der Rentnerinnen und Rentner am gesamten Vorsorgekapital ausfällt. Wichtig sind zudem auch der Deckungsgrad, der Anteil des BVG-Guthabens am Vorsorgekapital der Aktiven sowie die Branche.
Die Studienleitung hat diese Faktoren erstmals zu einem Risikoindikator zusammengeführt und die Risikofähigkeit der Kassen mit der Performance verglichen. Wie die Analyse zeigt, ist eine hohe Rendite nicht primär eine Frage der Risikofähigkeit: Von 2020 bis 2024 haben auch Kassen mit einer geringen Risikofähigkeit vergleichsweise hohe Renditen erzielt. Umgekehrt kamen selbst risikofähige Kassen teilweise nur auf geringe Renditen. Der Schluss liegt nahe, dass manche Kassen mehr für die Versicherten herausholen könnten.
Ist das Schweizer Vorsorgesystem zu wenig ambitioniert?
Zwar korreliert bei der Mehrheit der Kassen die Performance mit der Risikofähigkeit. Die Analyse zeigt aber auch: Einige Kassen schöpfen ihre Möglichkeiten deutlich weniger stark aus als andere mit vergleichbaren Voraussetzungen. Damit bleibt in der beruflichen Vorsorge Renditepotenzial ungenutzt. Das Nachsehen haben letztlich die Versicherten.
Das wirft die Frage auf, ob die Stiftungsräte zu wenig Anreize haben, das Maximum für die Versicherten anzustreben. Im Gesetz steht die Sicherheit an oberster Stelle und es ist unbestritten, dass das Risikomanagement in der 2. Säule Priorität haben muss. Dennoch ist die Leistung immer auch eine Frage der Ambition. Unsere Analyse zeigt, dass Top-Performer mit kleineren Sicherheitspuffern kalkulieren. Sie setzen sich höhere Ziele und erreichen diese auch. Low-Performer rechnen hingegen vorsichtig und geben sich bereits mit wenig zufrieden. Hohe Ambitionen zahlen sich also aus – nicht zuletzt für die Versicherten.
Kapitalbezug holt Rente ein, doch Umwandlungssatz ist nicht der Treiber
Das Fokusthema der 25. Pensionskassenstudie beleuchtet den Trend hin zum Kapitalbezug. In der Diskussion darüber geht oftmals vergessen, dass der vollständige Kapitalbezug längst nicht allen Versicherten möglich ist. Das gesetzliche Minimum liegt bei 25 Prozent und 11 Prozent der Kassen erlauben nach wie vor keinen vollständigen Kapitalbezug. Trotz der beschränkten Wahlmöglichkeiten hält sich die Verteilung inzwischen fast die Waage: 2024 wählten 38 Prozent der Neurentnerinnen und -rentner der befragten Pensionskassen den vollen Kapitalbezug. 39 Prozent entschieden sich für eine Rente und weitere 23 Prozent wählten eine Mischform.
Im vergangenen Jahr bezogen somit 61 Prozent der Versicherten ihre Vorsorgegelder ganz oder teilweise als Kapital. Über die Beweggründe wird viel spekuliert. Ein Motiv ist die Steuersituation, die aktuell aufgrund der möglichen Erhöhung der Kapitalbezugssteuer verstärkt in den Fokus rückt. Ein weiterer möglicher Grund ist die Rentenhöhe. Unsere Daten zeigen aber sehr deutlich: Der Umwandlungssatz ist nicht der zentrale Treiber der Kapitalbezüge. So sehen wir bei Pensionskassen mit tiefen Umwandlungssätzen keine Häufung von Kapitalbezügen. Ebenso gibt es bei Kassen mit hohen Umwandlungssätzen hohe Anteile an Neurentnerinnen und Neurentner, die ausschliesslich das Kapital beziehen.
In der Finanzindustrie wird Kapital bezogen, in der Verwaltung die Rente
Der Trend hin zum Kapital ist also keine direkte Folge der sinkenden
Umwandlungssätze. Persönliche Gründe wie der Wunsch nach mehr finanzieller Flexibilität oder das eigene Anlagewissen dürften eine grössere Rolle spielen als objektive Faktoren wie Umwandlungssatz oder Steuersituation. Die grossen Unterschiede zwischen den Branchen bei der Verteilung von Rente und Kapital deuten zudem darauf hin, dass die Wahl auch stark von den strukturellen und kulturellen Eigenheiten der Wirtschaftszweige abhängt.
In manchen Branchen ist der Kapitalbezug bereits deutlich verbreiteter als die Rente: In der Finanz- und Versicherungsbranche beziehen 42 Prozent das Kapital, nur 28 Prozent die Rente und 30 Prozent eine Mischform. Auch im verarbeitenden Gewerbe liegt der Kapitalbezug mit 36 Prozent leicht vor der Rente mit 35 Prozent. Im Gesundheits- und Sozialwesen hingegen dominiert weiterhin die Rente und am beliebtesten bleibt diese in der öffentlichen Verwaltung:
49 Prozent wählen die Rente, 21 Prozent das Kapital und 30 Prozent die Mischform.
Über die Studie
An der Schweizer Pensionskassenstudie 2025, der 25. Ausgabe in dieser Reihe, nahmen 507 Vorsorgeeinrichtungen teil. Das erfasste Vermögen der Umfrageteilnehmenden beläuft sich auf CHF 856 Mrd. Gesamthaft sind damit knapp 4,3 Mio. Versicherte repräsentiert.
Weitere Informationen unter www.swisscanto.com/pensionskassenstudie-2025