«Green Energy»: Ein Multibillionen-Markt

Die Erderwärmung bis 2050 auf unter 1,5°C zu halten, ist zwar noch möglich. Dafür müssten aber Investitionen in saubere Umwelttechnologien bis zum Jahr 2030 von USD 1,75 auf 4,5 Billionen steigen.

Gerhard Wagner

Um die Folgen des Klimawandels zu kontrollieren, braucht es eine umfassende und planmässige Förderung erneuerbarer Energien. Im Bild die grösste alpine Solaranlage der Schweiz an der Muttsee-Staumauer (Quelle: istockphoto.com).

Die Erderwärmung soll bis 2050 nicht mehr als 1,5 °C betragen. So will es das Pariser Klimaabkommen von 2015, welches mittlerweile die allermeisten Staaten ratifiziert haben. Bei einer Überschreitung der 1,5-Grad-Grenze drohen die Folgen des Klima­wandels unkontrollierbar zu werden. Zwei Wegmarken sind zu erreichen. Erstens, eine Senkung der weltweiten energiebedingten Treibhausgasemissionen bis 2030 auf 23 Gigatonnen von rund 37 Gigatonnen (Erhebung 2021). Zweitens, «Netto null» bis 2050. Das heisst, nicht mehr Treibhausgase ausstossen als natürliche und technische CO2-Senken speichern können.

Um an diesen Wegmarken anzukommen, sind laut der Internationalen Energie­agentur (IEA) Investitionen in saubere Umwelttechnologien oder «Green Energy» notwendig, die von USD 1,75 Billionen im Jahr 2023 auf USD 4,5 Billionen, oder USD 4'500 Milliarden, bis 2030 ansteigen. Die Investitionen müssten demnach um jährlich 15 Prozent wachsen. Dieser Fahrplan erlaubt eine Halbierung der Investitionen in fossile Energieträger, ohne dabei die Energieversorgungssicherheit zu gefährden.

Historische Investitionen in Energie im Vergleich zum Bedarf in den IEA-Szenarien 2030

Quelle: www.iea.org; World Energy Investment 2023

Die IEA nennt dieses Szenario «NZE», Net Zero Emissions. Nur das NZE-Szenario führt zu Netto-Null-Emissionen im Jahr 2050 und ist mit dem 1,5°C Klimaziel kompatibel (siehe folgende Grafik).

Entwicklung der energiebedingten CO2-Emissionen nach den drei Kernszenarien (STEPS, APS, NZE)

Quelle: www.iea.org; World Energy Investment 2023

Die IEA hat noch zwei weitere weniger ambitiöse Szenarien erstellt:

Im Announced Pledges Scenario (APS) wird angenommen, dass all jene Staaten, die Netto-Null-Ziele bei Treibhausgas-Emissionen angekündigt haben, diese auch seriös umsetzen und in diesem Jahrzehnt konsequent damit beginnen. Unter diesen Prämissen sind Investitionen in saubere Umwelttechnologien bis 2030 von USD 3,2 Billionen gefordert. Das entspricht einem jährlichen Wachstum von rund neun Prozent. Die Investitionen in fossile Energieträger können bis 2030 um rund 30 Prozent sinken.

Eine planmässige Umsetzung des APS-Szenarios würden laut IEA die globalen Treib­hausgasemissionen bis 2050 um rund 70 Prozent auf 12 Gigatonnen reduzieren (siehe Abbildung 2). Der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur im Jahr 2100 würde auf etwa 1,7°C ansteigen.

Das Stated Policies Scenario (Steps) geht davon aus, dass die jetzigen weltweit be­schlossenen Klimaschutzrichtlinien beibehalten werden. Die Investitionen in saubere Umwelttechnologien würden dann auf USD 2,15 Billionen veranschlagt, was einem jährlichen Wachstum von drei Prozent und damit zirka dem globalen Wirtschafts­wachstum gleichkäme. Die Investitionen in fossile Energieträger bleiben in diesem Szenario unverändert bei rund einer Billion USD.

Im STEPS-Szenario würden die weltweiten Treibhausgasemissionen bis 2050 bloss um 13 Prozent schwinden. Dies hätte eine Erhöhung der globalen Durchschnittstempe­raturen um rund 2,5 °C bis 2100 zur Folge.

Umwelttechnologien auf dem Wachstumspfad

Die Investitionen in saubere Umwelttechnologien (Windenergie, Solarenergie, Wärmepumpen, Elektrische Mobilität, etc.) wachsen bis 2030 unabhängig von den beschriebenen drei Szenarien.

Wenn das 1,5°C Klimaschutzziel konsequent verfolgt wird (NZE-Szenario), dann führt das sogar zu einem Wachstum von über 15 Prozent bis im Jahr 2030 über sämtliche sauberen Umwelttechnologien hinweg gemittelt oder zu zusätzlichen Investitionen von USD 2,7 Billionen. Selbst das STEPS Szenario führt zu einem Wachstum, allerdings im Vergleich zur Weltwirtschaft zu keinem überdurchschnittlichen Wachstum.

Die Spreu vom Weizen trennen

Fest steht: Die Bereitstellung und Weiterentwicklung von «Green Energy» ist ein Megatrend. Angeschoben wird dieser auch, weil die Stromgestehungskosten etwa auf Basis von Wind und Sonne heute oft kostengünstiger gegenüber der traditionel­len Stromerzeugung aus Kohle, Gas oder Atomkraft sind. Diese Kostenvorteile gegenüber fossil generierter Elektrizität dürften weiter zunehmen, da die erneuer­baren Energien immer günstiger werden und CO2 in vielen Staaten bepreist wird.

Anlegerinnen und Anleger müssen sich folgende Frage stellen: Wie stark drückt die Weltgemeinschaft beim Klimaschutz in den kommenden Jahren aufs Tempo? Je nach eintretendem Szenario ändert sich das Wachstumspotential für die verschiedenen Umwelttechnologien.

Zudem sollten Investmententscheide unter Konsultation fundierter firmenspezifischer Fundamentalanalysen getroffen werden. Denn nicht jedes im Umwelttechnologie­bereich tätiges Unternehmen beschreitet einen profitablen Wachstumsweg. Entscheidend ist, ob die Kapitalrenditen mittelfristig höher sind als die Kapitalkosten.

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Nachhaltigkeit