Freihandels­abkommen mit Indien

Das im März beschlossene Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und Indien soll sich für beide Länder positiv auswirken – neben der Industrie wird auch die Landwirtschaft von Handelserleichterungen profitieren. Wie ist das Abkommen generell zu bewerten? Mehr dazu im Beitrag von Chefökonom Schweiz, David Marmet.

Text: David Marmet

«Unter dem Strich ist das Freihandelsabkommen mit Indien als ein Versprechen für die Zukunft zu werten, befinden wir uns doch ein einer Welt, die stetig multipolarer wird», sagt David Marmet. (Bild: Getty Images)

2008 begannen die Verhandlungen für einen Freihandelsvertrag zwischen Indien und der Schweiz, im Verbund mit den EFTA-Staaten Norwegen, Island und Lichtenstein. Nun, 16 Jahre später, ist es vollbracht: Im März präsentierte Bundesrat Guy Parmelin zusammen mit dem indischen Handelsminister Piyush Goyal das 69-seitige Vertragswerk zum Freihandelsabkommen.

Angesichts der wirtschaftlichen Dominanz Chinas zeigt sich Indien in letzter Zeit bestrebt, mit verschiedenen Ländern Handelsverträge abzuschliessen. Dies dürfte ein wichtiger Grund gewesen sein, dass es nun mit den EFTA-Staaten nach jahrelang stockenden Verhandlungen vorwärts ging.

Dabei war die Ausgangslage für die Schweiz zuletzt nicht allzu komfortabel, hatte sie doch Anfang Januar 2024 die Zölle auf Industrieprodukte flächendeckend abgeschafft und somit einen wichtigen Verhandlungstrumpf aus der Hand gegeben.

Beide Länder sollen profitieren

Indien reichte nun die Hand, die sehr hohen indischen Importzölle, die sich bis anhin im Durchschnitt auf 18% beliefen, unter Gewährung von Übergangsfristen zu reduzieren. Mit der angepeilten Reduktion verbessert sich das Exportpotenzial für Schweizer Unternehmen. Neben der Industrie soll auch die Landwirtschaft beider Länder von Handelserleichterungen profitieren. Dabei wurden die besonders hohen Empfindlichkeiten dieses Sektors gebührend berücksichtigt, wie von diplomatischer Seite betont wurde.

Das Abkommen betrifft aber nicht nur den Güterverkehr. So gibt es im für die Schweiz prioritären Finanzbereich zusätzliche Bestimmungen, die über die Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) hinausgehen. Beispielsweise dürfen indische Studentinnen und Studenden nach Studienabschluss in der Schweiz vorerst hier arbeiten und müssen nicht wie bisher zwingend sofort ausreisen.

Grosses Netz an Abkommen

Die Schweiz verfügt mittlerweile über ein Netz von 33 Freihandelsabkommen mit 43 Partnern. Eine Besonderheit des Freihandelsabkommens mit Indien sind die Investitionspromotionen. So verpflichten sich die EFTA-Staaten zu verschiedenen Promotionsaktivitäten, um Investitionen in Indien zu fördern. In den nächsten 15 Jahren sollen USD 100 Mrd als Direktinvestitionen nach Indien fliessen und es sollen gar eine Million Arbeitsplätze geschaffen werden.

Ein Versprechen für die Zukunft

Wie ist dieses Abkommen zu bewerten, das vom Schweizer Parlament noch zu ratifizieren ist und dem fakultativen Referendum untersteht? Schweizer Exporte nach Indien fallen bescheiden aus. 2023 tauchte Indien in der Exportstatistik erst an 26. Stelle auf. Gerade die Schweizer Maschinenindustrie sieht im neuen Abkommen grosse Absatzchancen. So wird in Indien unter Premierminister Narendra Modi der Industriesektor mit staatlichen Anreizen seit geraumer Zeit gefördert. Davon könnte auch die Schweizer Maschinenindustrie profitieren. Weniger euphorisch zeigt sich die Pharmaindustrie, obwohl ihr Exportvolumen nach Indien schon heute grösser ist als jenes der Maschinenindustrie. Indien investiert bis anhin relativ wenig in den eigenen Gesundheitssektor. Unter dem Strich ist dieses Abkommen als ein Versprechen für die Zukunft zu werten, befinden wir uns doch ein einer Welt, die stetig multipolarer wird.

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