Gut planen und später sparen

Sie freuen sich auf Ihre Altersrente und die Auszahlungen von Kapitalleistungen aus der Pensionskasse und Säule 3a bei der Pensionierung? Dann sollten Sie frühzeitig den Bezug Ihrer Vorsorgeleistungen planen und die Steuern nicht ausser Acht lassen. Steuerberaterin Jacqueline Linton erklärt Ihnen anhand eines Musterfalles, was es alles zu beachten gilt.

Text: Redaktion Meine Vorsorge / Illustrationen: Maria Salvatore | aus dem Magazin «Meine Vorsorge» 1/2024

Themenbild Winter
Vorausschauendes Handeln empfiehlt sich nicht nur bei der Tiefschneeabfahrt, sondern auch bei der Kalkulation von Steuern beim Bezug von Renten und Vorsorgekapital. (Bild: Getty Images/Gerhard Fitzthum)

Unser fiktiver Fall beschreibt Lydia (*1961), sie ist kanadisch-schweizerische Doppelbürgerin. Nach ihrer Jugend in der Schweiz absolviert sie einen Teil ihres Studiums in Vancouver und arbeitet nach dem Studienabschluss weitere acht Jahre in Kanada. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz lernt sie am Zürifest Sven (*1962) kennen und heiratet ihn.

Einige Jahre vor ihrer Pensionierung machen Lydia und ihr Ehemann zusammen mit ihrer Vorsorgeberaterin bei der Zürcher Kantonalbank eine Auslegeordnung über ihre Vorsorgegefässe. Das Ehepaar macht sich dabei Gedanken über die ideale Balance von monatlich fliessenden Einkünften (Renten) und einmaligen Kapitalbezügen. Zentrale Faktoren sind die Lebenserwartung, die Bereitschaft Geld anzulegen, das Sicherheitsbedürfnis nach regelmässigen Einkünften und natürlich auch die Höhe der Steuerbelastung.

Jacqueline Linton, Steuerberaterin bei der Zürcher Kantonalbank

Durch eine vorausschauende Renten- respektive Kapitalbezugsstrategie lässt sich jedoch die Progression brechen, und es werden nur so viele Steuern bezahlt wie nötig.

Jacqueline Linton, Steuerberaterin (Bild: Simon Baumann)

Nun steht die Pensionierung von Lydia an und das Ehepaar will nochmals wissen, welche Steuern auf Renten und Kapitalleistungen anfallen. Wie viele andere Kundinnen und Kunden gehen Lydia und Sven davon aus, dass sie im Alter weniger Steuern bezahlen als während des Erwerbslebens. «Das ist aber längst nicht immer der Fall», weiss Jacqueline Linton, Steuerberaterin bei der Zürcher Kantonalbank. Zwar sinke nach der Pensionierung das Einkommen. Allerdings würden auch diverse Abzugsmöglichkeiten wie Berufsauslagen oder Beiträge in die Säule 3a wegfallen. « Durch eine vorausschauende Renten- respektive Kapitalbezugsstrategie lässt sich jedoch die Progression brechen, und es werden nur so viele Steuern bezahlt wie nötig.»

Renten als Einkommen versteuern

Wichtig sei es zunächst, so Linton, die unterschiedliche Besteuerung von Renteneinkünften und Kapitalleistungen aus Vorsorgegeldern zu verstehen. «Unabhängig davon, aus welchem Vorsorgegefäss sie stammen, sind Renteneinkünfte in der jährlichen Steuererklärung als Einkommen zu deklarieren. Sie werden zusammen mit weiteren Einkünften wie Zinserträgen oder Mieteinnahmen besteuert», erklärt Linton. Grundsätzlich seien Renten vollumfänglich steuerpflichtig, es sei denn, es gebe eine gesetzliche Grundlage, welche einen Einschlag respektive eine reduzierte Besteuerung vorsehe. So etwa bei ausländischen Renten: «Einige von ihnen sind in der Schweiz nicht zu 100 Prozent steuerbar – doch es muss immer der Einzelfall geprüft werden», sagt Linton. Die Steuerspezialistin weist noch auf einen weiteren zentralen Punkt hin: «Der Steuertarif bei der Einkommenssteuer ist stark progressiv ausgestaltet. Mit anderen Worten: Höhere Einkommen werden überproportional besteuert.»

Kapitalleistungen privilegiert besteuert

Etwas anders sieht es bei den Kapitalleistungen aus. «Bereits im Sparprozess lassen sich durch Einzahlungen in die Säule 3a oder durch Einkäufe in die Pensionskasse Steuern sparen», sagt Linton. «Wichtig zu wissen ist, dass Bezüge in Form von Kapitalleistungen privilegiert besteuert werden.» Konkret würden diese Gelder vom übrigen Einkommen getrennt und zu einem reduzierten Vorsorgetarif besteuert. Mehrere Kapitalbezüge innerhalb eines Kalenderjahrs würden dabei zusammengerechnet. «Allerdings wird bei hohen Kapitalbezügen ebenfalls ein progressiver Steuertarif angewendet, das heisst, der Steuersatz steigt mit der Höhe des Kapitalbezugs.»

Zurück zu Lydia und Sven: Damit sie eine Übersicht über ihre künftigen Einkommensposten haben, listen sie diese im Folgenden auf und vermerken jeweils auch die Besteuerung sowie die Besonderheiten und absehbaren Änderungen.

Illustration zum Thema Besteuerung von Renten und Vorsorgegeldern

Pensionierungs- und Steuerplanung Lydia und Sven

1. Säule: AHV

Einkommen

Auch wenn das Referenzalter für Frauen seit dem 1.1.2024 ebenfalls bei 65 Jahren liegt, erreicht Lydia im Jahr 2025 mit 64 Jahren und 3 Monaten das Referenzalter – sie profitiert von der im neuen AHV-Gesetz vorgesehenen Übergangsregelung für gewisse Jahrgänge. Aufgrund ihrer achtjährigen Landesabwesenheit und entsprechenden Beitragslücken erhält Lydia eine Teilrente. Zwar hat sie gleich nach ihrer Rückkehr in die Schweiz die maximal möglichen fünf Beitragsjahre bei der AHV nachbezahlt (AHV-Nichterwerbstätigenbeiträge), drei Jahre sind aber «verloren».

Sven lässt sich 2026, ein Jahr vor Referenzalter von 65 Jahren, frühpensionieren. Seine AHV-Rente bezieht Sven jedoch erst ab dem Jahr 2027, damit er keine Rentenkürzung hinnehmen muss. Sobald Sven seine Rente bezieht, wird auch die AHV-Rente von Lydia neu berechnet und plafoniert, wobei eine Reduktion infolge fehlender Beitragsjahre bestehen bleibt.

Steuern

Lydia und Sven müssen die AHV-Rente zu 100 Prozent versteuern.

Besonderes

Hätte Lydia schon vor ihrem Auslandaufenthalt mit der AHV-Ausgleichskasse Kontakt aufgenommen, hätte sie Beitragslücken und dadurch Rentenkürzungen infolge von fehlenden Beitragsjahren vermeiden können.

Sven hätte seine AHV-Rente auch schon zum Zeitpunkt seiner Frühpensionierung beziehen können, allerdings hätte dies eine Rentenkürzung zur Folge. AHV-Renten können maximal zwei Jahre vor dem Referenzalter (Pensionsalter) bezogen werden. Ein Aufschub ist maximal bis zu fünf Jahre möglich. Ein Rentenaufschub führt umgekehrt zu einer höheren AHV-Rente. Mit der Umsetzung der AHV-Reform 21 wurden per 01.01.2024 weitere Flexibilisierungen zum Leistungsbezug eingeführt. Beispielsweise ist es möglich, nur einen Teil der Rente vorzubeziehen und einen weiteren Teil aufzuschieben. Durch die Erwerbsaufgabe von Sven vor Erreichen des Referenzalters ist zu prüfen, ob für ihn und Lydia eine Anmeldung als AHV-Nichterwerbstätige zu erfolgen hat.

2. Säule: Berufliche Vorsorge

Einkommen

Lydia lässt sich ihr Pensionskassenkapital im Jahr 2025 komplett in Kapitalform auszahlen. Zusätzlich hat Lydia ein Freizügigkeitsguthaben auf einem separaten Konto. Dieses bezieht sie jedoch aus steuerlichen Überlegungen erst im Jahr 2029 (siehe Übergangsregelung, unten).

Sven lässt sich sein Pensionskassenguthaben ab dem Zeitpunkt seiner Frühpensionierung im Jahr 2026 vollumfänglich als Rente auszahlen.

Steuern

Die Rente ist in der Steuererklärung zu 100 Prozent zu deklarieren. Kapitalbezüge von Vorsorgegeldern werden separat zum übrigen Einkommen mit der Kapitalauszahlungssteuer besteuert (siehe Haupttext). Lydia und Sven haben ihre Kapitalbezüge aufeinander abgestimmt und beziehen die Gelder gestaffelt in verschiedenen Jahren. Dadurch gelingt es ihnen, die Steuerprogression optimal zu brechen und sie können dadurch die Steuerbelastung reduzieren.

Besonderes

Ab dem 1. Januar 2030 ist eine fortgeführte Erwerbstätigkeit erforderlich, um Freizügigkeitsguthaben später als mit Alter 65 (Referenzalter) zu beziehen. Bis Ende 2029 gilt aber noch eine Übergangsfrist, von welcher Lydia profitieren kann. Sie schiebt den Bezug deshalb bis zum spätmöglichsten Zeitpunkt auf. Das Freizügigkeitsguthaben muss bis zur Auszahlung respektive Fälligkeit weder als Einkommen (Erträge) noch als Vermögen versteuert werden.

3. Säule: Private Vorsorge

Einkommen

Ihr Guthaben aus der Säule 3a, der gebundenen Vorsorge, bezieht Lydia schon 2024, ein Jahr vor ihrer Pensionierung, als Kapital.
Sven verfügt über zwei Säule-3a-Konti. Er bezieht sein angespartes Kapital in den Jahren 2026 (dem Jahr seiner Frühpensionierung) und 2027.

Steuern

Wie Kapitalleistungen aus der Pensionskasse, unterliegen auch Auszahlungen aus der Säule 3a einer separaten Kapitalleistungssteuer (siehe Haupttext). Um die Steuerprogression zu brechen, lohnt es sich, bis zu drei Säule-3a-Lösungen einzurichten, die in verschiedenen Jahren aufgelöst und versteuert werden können.

Besonderes

Gelder aus der Säule 3a können maximal fünf Jahre vor Erreichen des Referenzalters (Pensionsalters) bezogen werden. Ein Bezug kann maximal bis zu fünf Jahre über das Erreichen des Referenzalters aufgeschoben werden, sofern die Person weiterhin einer Erwerbstätigkeit nachgeht.

Kanadische Rente Lydia

Illustration zum Thema Besteuerung von Renten und Vorsorgegeldern

 

Einkommen

Lydia erhält für ihre Erwerbstätigkeit in Kanada eine Social-Security-Rente, welche mit unserer AHV-Rente vergleichbar ist.

Steuern

Social-Security-Leistungen aus den USA und Kanada sind in der Regel im Herkunftsland steuerbar (meist in Form einer direkt abgezogenen Quellensteuer von 15 Prozent). Die ausbezahlten Renten werden gemäss geltendem Doppelbesteuerungsabkommen zusätzlich auch in der Schweiz besteuert, jedoch lediglich zu ²/3 der Nettorente (nach Berücksichtigung der Quellensteuer). Eine Rente von umgerechnet 4'500 Franken ist in der Steuererklärung also mit 3'000 Franken zu deklarieren.

Besonderes

Bei ausländischen Renten müssen die Regelungen in den einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen berücksichtigt werden. Renten aus staatlichen oder staatsnahen Betrieben dürfen dabei in aller Regel im Herkunftsland der Rente besteuert werden, auch wenn die Rentenbezügerin den Wohnsitz im Ausland hat.

Leibrentenversicherung Sven

Illustration zum Thema Besteuerung von Renten und Vorsorgegeldern

 

Einkommen

Sven hat eine Leibrentenversicherung bei einer Versicherung (freie Vorsorge – Säule 3b) abgeschlossen. Die entsprechende Rente bezieht er bereits ab 2024, zwei Jahre vor seiner Frühpensionierung.

Steuern

Rentenzahlungen aus Leibrentenversicherungen werden aktuell zu 40 Prozent der ausgerichteten Rentenleistung besteuert (pauschaler Ertragsanteil). Das mag auf den ersten Blick günstig erscheinen, allerdings trügt der Schein, denn eine Leibrente besteht hauptsächlich aus der Rückzahlung des (bereits versteuerten) investierten Kapitals und zusätzlich aus einem steuerbaren Ertragsanteil. Aus steuerlicher Sicht unterliegt lediglich die Ertragskomponente der Einkommensbesteuerung. Aufgrund des Tiefzinsumfeldes der letzten Jahre dürfte die Besteuerung zu 40 Prozent in vielen Fällen zu einer Überbesteuerung führen, was Leibrenten in den letzten Jahren unattraktiv machte.

Besonderes

Die Politik hat die Vorgaben für die Besteuerung der Leibrenten überarbeitet. Ab dem 1. Januar 2025 wird bei Leibrentenversicherungen der steuerbare Ertragsanteil der garantierten Rentenleistung mit einer Formel in Abhängigkeit vom Höchstzinssatz der Finma berechnet werden. Allfällige Überschussleistungen werden zu 70 Prozent steuerbar sein. Bei Leibrenten und Verpfründungen wird der steuerbare Ertragsanteil neu in Abhängigkeit von der Durchschnittsrendite zehnjähriger Bundesobligationen ermittelt. Auf diese Weise passt sich die Bestimmung des Ertragsanteils automatisch dem tatsächlichen Zinsniveau an und übermässige Nachteile oder Vorteile bei der Besteuerung von Leibrenten können vermieden werden.

Drei Tipps zu Renten und Steuern

Optimieren Sie Ihre Steuern

Einzahlungen in die Säule 3a sowie Einkäufe in die Pensionskasse sind steuerlich abzugsfähig. Bei Pensionskasseneinkäufen gilt es, neben einer Sperrfirst von drei Jahren bei Kapitalbezügen, auch weitere Punkte zu beachten. Packen Sie dieses wichtige Thema aktiv an, verschaffen Sie sich frühzeitig einen Überblick und nutzen Sie die Vorteile einer umsichtigen Pensionierungs- und Steuerplanung.

Planen Sie den Bezug Ihrer Vorsorgegelder

Sie können den Zeitpunkt der Besteuerung Ihrer Vorsorgeguthaben aus der 2. Säule zum Beispiel durch eine Teilpensionierung beeinflussen und den Bezug von Geldern der Säule 3a im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten selbst bestimmen. Nutzen Sie dies und verteilen Sie insbesondere den Bezug von hohen Kapitalleistungen über mehrere Jahre. Vergessen Sie nicht, mehrere Säule-3a-Lösungen zu errichten.

Vermeiden Sie Beitragslücken bei der AHV

Nur wenn Sie von Beginn an und lückenlos AHV-Beiträge entrichtet haben, erhalten Sie später eine Vollrente und sofern das massgebende Jahreseinkommen 88'200 Franken erreicht, eine Maximalrente. Vermeiden Sie deshalb Beitragslücken und melden Sie sich gegebenenfalls bei der AHV als nichterwerbstätig an, sofern Sie nicht über Ihren Ehepartner abgedeckt sind. Beitragslücken können bis maximal fünf Jahre rückwirkend geschlossen werden.