Franken 2.0

Digitale Währungen sind weltweit auf dem Vormarsch. Auch die Schweizerische Nationalbank experimentiert damit. Welche Chancen und Herausforderungen sind mit einem digitalen Franken verbunden? Und: Wird er unser Bargeld über kurz oder lang verdrängen? Eine Standortbestimmung.

Text: Simona Stalder und Rahel Perrot / Illustration: Elena Knecht | aus dem Magazin «ZH» 1/2024

Illustration Digitaler Franken

Von der Online-Überweisung über die Kartenzahlung bis hin zum Geldversand mit TWINT – elektronische Zahlungsmethoden sind in der Schweiz auf dem Vormarsch. Das erstaunt nicht: Bezahlen mit Karte oder Smartphone geht einfach und schnell. Bargeldlose Zahlungen bieten Geschäften und Finanzdienstleistern zudem logistische Erleichterungen und höhere Sicherheit. Ihnen gemein ist: Sie transferieren Buchgeld – Geld, das auf ein Konto überwiesen oder als Kredit gewährt wurde. Wird Buchgeld ausbezahlt, wird es zu Bargeld. In jüngster Zeit gibt es weltweit Bestrebungen, neben Bar- und Buchgeld auch offizielles digitales Geld einzuführen, im Sinne einer digitalen Landeswährung (CBDC genannt, vgl. Glossar). Eine solche wird – anders als Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum – von einer Zentralbank ausgegeben und unterliegt deren Kontrolle und Regulierung. Das macht sie sicher und stabil.

Digitale Währungen bieten darüber hinaus verschiedene Vorteile: Sie machen den Zahlungsverkehr effizienter und verbessern die finanzielle Inklusion. 2020 lancierten die Bahamas mit dem «Sand Dollar» die weltweit erste digitale Landeswährung. Im selben Jahr führte China den «E-Yuan» als Pilotprojekt ein. Die Europäische Zentralbank gab Ende letzten Jahres grünes Licht für die nächsten Schritte hin zu einem digitalen Euro.

SNB testet digitalen Franken

Wo also steht die Schweiz bei dem Thema? Im Rahmen des Projekts «Helvetia» testet die Schweizerische Nationalbank (SNB) seit 2020 verschiedene Anwendungsmöglichkeiten eines digitalen Frankens für Finanzinstitute (eine sogenannte Wholesale CBDC). An dem Projekt sind mehrere Partnerinnen und Partner beteiligt, darunter die Zürcher Kantonalbank. «Mit den verschiedenen Projekten der SNB zur Erforschung von Wholesale CBDC nimmt die Schweiz bei dieser wegweisenden technologischen Entwicklung eine Vorreiterrolle ein», sagt Peter Hubli, Projektleiter «Helvetia III» bei der ZKB.

Seit vergangenem Dezember und noch bis Ende Juni stellt die SNB in einem Pilotbetrieb eine Franken-Whole­sale-CBDC bereit. Pilotbanken können diese etwa in Zusammenhang mit Anleiheemissionen nutzen, mit denen sich Unternehmen und öffentliche Hand Geld am Kapitalmarkt beschaffen. Die ZKB wickelte am 1. Dezember 2023 für den Kanton Zürich die erste Schweizer-Franken-Anleihe mit digitalem Zentralbankengeld ab – weltweit eine der ersten Emissionen dieser Art. «Wir sind stolz darauf, unsere langjährige Expertise am Kapitalmarkt einbringen und so einen Beitrag zu diesem bedeutenden Projekt leisten zu können», so Hubli.

Die technologische Basis für die Abwicklung digitaler Anleihen bildet die Distributed-Ledger-Technologie (DLT). Dabei handelt es sich um ein digitales System, bei dem Transaktionsdetails an mehreren Stellen gleichzeitig aufgezeichnet werden. «Wir wollen das Potenzial und die Herausforderungen der DLT weiter erforschen und verstehen, ob die Finanzmarktinfrastruktur durch die Technologie effizienter und sicherer ausgestaltet werden kann», sagt Attilio Zanetti, stellvertretendes Mitglied des Direktoriums der SNB.

Zahlungen hinterlassen Spuren

Die SNB beteiligt sich im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit auch am Diskurs sowie an Forschungsprojekten zu digitalen Währungen für die breite Bevölkerung, sogenannten Retail CBDC. Ein besonderer Fokus liegt hier auf Fragen der Privatsphäre. Denn anders als bei Bargeld hinterlassen Zahlungen mit elektronischen Zahlungsmitteln Spuren.

Die SNB ist derzeit der Auffassung, dass die Einführung eines digitalen Schweizer Frankens für die meisten Menschen keinen Zusatznutzen bringen würde. Sie verweist auf den bereits heute sehr guten Zugang der Bevölkerung zu Finanzdienstleistungen und das effiziente Zahlungsverkehrssystem, das stetig weiterentwickelt wird. Aktuelles Beispiel hierfür ist die baldige Einführung von Instant Payments, womit Zahlungen rund um die Uhr und in Sekundenschnelle von Konto zu Konto ausgeführt werden können.

Fünfliber und Zwanzigernötli bleiben somit erhalten. Dazu Zanetti: «Über 95 Prozent der Schweizer Bevölkerung wollen Bargeld auch in Zukunft als Zahlungsmittel nutzen. Für die SNB ist es deshalb wichtig, dass eine freie Wahl zwischen Bargeld und bargeldlosen Zahlungsmitteln erhalten bleibt.»

Glossar

CBDC

Central Bank Digital Currencies sind digitale Währungen, welche von Zentralbanken als Alternative oder Ergänzung zu Banknoten und Münzen ausgegeben werden. Im Gegensatz zu Bitcoin oder Ethereum – sogenannten Kryptowährungen – unterliegt digitales Zentralbankengeld der Kontrolle und Regulierung der jeweiligen Zentralbank oder Regierung. Entsprechend sind CBDC viel stabiler und sicherer als Kryptowährungen.

wCBCD

Wholesale CBDC bezeichnet eine digitale Zentralbank­währung, welche ausschliesslich Geschäftsbanken und anderen Finanzinstitutionen zur Verfügung steht.

rCBDC

Eine Retail CBDC steht für eine digitale Zentralbank­währung, die Privatpersonen und Unternehmen als Zahlungs­mittel nutzen können.

DLT

Bei der Distributed-Ledger-Technologie handelt es sich um eine spezielle Form der elektronischen Datenverarbeitung und -speicherung. Eine besondere Ausprägung der DLT ist die Blockchain.

Elektronische Zahlungsmethoden

Umfassen zum Beispiel Online-Banking, Mobile Wallets (wie Apple Pay, Google Pay oder Samsung Pay), Peer-to-Peer-Plattformen (wie TWINT oder PayPal) sowie Zahlungen mit Kredit- oder Debitkarte. Ab August 2024 werden die grössten Schweizer Banken, darunter die ZKB, auch Instant Payments ermöglichen, also Zahlungen in Echtzeit.

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