Immobilien aktuell: Boom
Die Folgen der Abschaffung des Eigenmietwerts, der sich daraus abzeichnende Sanierungsboom, die anhaltende Knappheit am Mietwohnungsmarkt, die demografischen Auswirkungen der Babyboomer-Generation und der Wandel im Ferienwohnungsmarkt – diese Themen beleuchtet die neueste Publikation von «Immobilien aktuell». Die Analysen zeigen: Der Schweizer Immobilienmarkt bleibt im Boom-Modus – mit Chancen, aber auch mit zunehmendem Druck auf Eigentümer und Mietende. Erfahren Sie mehr im Video sowie im Interview mit Ursina Kubli, Leiterin Immobilien Research bei der Zürcher Kantonalbank.
Interview: Olivia Kotsopoulos
Im neuen «Immobilien aktuell» wird von einem Sanierungsboom gesprochen – warum?
Durch die Abschaffung des Eigenmietwerts ändern sich die Spielregeln. So verschwindet die Möglichkeit, Sanierungskosten steuerlich geltend zu machen. Eigentümerinnen und Eigentümer sollten daher die Übergangsfrist für überfällige Sanierungen nutzen. Wir erwarten, dass ein grosser Teil der Sanierungen vorgezogen wird.
Gibt es auch für Stockwerkeigentümerschaften spezifisch etwas zu beachten?
Ja, auch für Stockwerkeigentümer gibt es Handlungsbedarf. Unsere Analysen zeigen, dass viele Erneuerungsfonds bei Stockwerkeigentümern ungenügend geäufnet sind – selbst dann, wenn sich dringend notwendige Renovationen abzeichnen. Wer jetzt Gelder einbezahlt, kann diese noch steuerlich geltend machen und die Arbeiten später, bei abflachender Nachfrage, womöglich günstiger umsetzen. Gerade weil Entscheidungsprozesse bei Stockwerkeigentümerschaften komplex und der Beratungsbedarf hoch sind, ist es empfehlenswert, Gespräche über Liquiditätsplanung und Rücklagenbildung proaktiv anzugehen.
(Lesen Sie den Beitrag dazu im «Immobilien aktuell»: Sanierungsboom)
Wie wirkt sich die Steuerreform auf die Eigenheimpreise aus?
Kurzfristig gar nicht, langfristig nur selektiv. In der Regel erwerben die heutigen Käufer langjährige Bestandesliegenschaften und keine Neubauten. Vor dem Einzug wird häufig saniert, zukünftig ohne steuerliche Abzugsmöglichkeiten. Zudem sind Käufer meist stark fremdfinanziert, gemäss Schweizerischer Nationalbank haben 40 Prozent der Neuhypotheken eine Belehnung über 74 Prozent. Die fehlenden Abzugsmöglichkeiten fallen daher für Neukäufer ins Gewicht. Das führt zu einer stärkeren Preisdifferenzierung zwischen Neubauprojekten und älteren Liegenschaften, das Preiswachstum bei Altbauten wird zukünftig gedämpft. Unsere Prognose für 2026 liegt bei +4,5 Prozent bei Eigenheimpreisen, was jedoch keine Überhitzung bedeutet.
Wie ernst ist die Lage am Mietmarkt?
Ernst. Trotz sinkender Zuwanderung gibt es in Städten wie Zürich kaum Leerstände. In der Schweiz ist die Leerstandquote bereits das fünfte Mal in Folge gesunken und hat für die Stadt Zürich mit nur noch 219 leeren Wohnungen eine natürliche Untergrenze erreicht. Auch in der Agglomeration nimmt die Knappheit zu. Die schwierige Situation am Mietwohnungsmarkt reflektiert sich auch in den Umzügen der ständigen Wohnbevölkerung, welche über alle Altersgruppen hinweg rückläufig sind. Besonders betroffen sind junge Erwachsene, wie unsere Zahlen der Umzugshäufigkeit zeigen. So sind im Jahr 2023 15 Prozent weniger der 21- bis 25-Jährigen umgezogen als 2020. Viele bleiben im «Hotel Mama», weil kein passender Wohnraum verfügbar ist. Die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich.
Die Zuwanderung sinkt, bleibt aber hoch. Wohin zieht es die Zuwanderer und wie wohnen sie?
Logischerweise ziehen die Zuwanderer dorthin, wo ihre Jobs sind, nämlich in den Zentren. Jeder zehnte Einwanderer zieht in die Stadt Zürich, eine beeindruckende Zahl. Überraschenderweise wohnen sehr viele zu Beginn in einer Wohngemeinschaft sowie in älteren Liegenschaften. Im Neubau oder in Wohngenossenschaften sind sie kaum vertreten. Markant ist die hohe Mobilität der Zuwanderer. Fast jeder Dritte zieht im Folgejahr weiter, sei es zurück ins Heimatland oder innerhalb der Schweiz. Das ist eine wichtige Klärung des Rätsels, weshalb beispielsweise in der Stadt Zürich viele Wohnungen auf Internetplattformen ausgeschrieben sind, aber dennoch kaum welche leer stehen.
(Lesen Sie den Beitrag dazu im «Immobilien aktuell»: Zwischen Boom und Wachstumsschmerz)
Wie wirkt sich der demografische Wandel auf das Eigenheimangebot aus?
Die Hälfte aller Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer ist heute über 60 Jahre alt, viele geben ihr Haus erst spät weiter, wie unserer Analysen zeigen, meist ab 85 Jahren. Die Generation der Babyboomer wird daher bis 2035 das Angebot an Einfamilienhäusern um 14 Prozent, bei Stockwerkeigentum um 10 Prozent erhöhen. Der demografische Wandel wird entsprechend keinen Verkaufsturm durch die Babyboomer-Generation auslösen.
(Lesen Sie den Beitrag dazu im «Immobilien aktuell»: Beenden Babyboomer den Immobilienboom?)
Ihre Einschätzung zum Ferienwohnungsmarkt – Luxus mit Zukunft?
Absolut. Wie unsere Daten zeigen, hat sich der pandemiebedingte Boom zwar beruhigt, aber das Preisniveau bleibt hoch. Unseren Daten ist zudem zu entnehmen, dass 70 Prozent der Zweitwohnungs-Käufer Eigenheimbesitzer sind, meist aus wohlhabenden Gemeinden vom Zürcher Seeufer, wie Herrliberg oder Küsnacht. In der Stadt Zürich zeigt sich der Trend anders: Zwei Drittel der Ferienwohnungen gehören hier Mietenden, welche zu grossen Teilen in den teureren Quartieren Höngg, Ober- und Unterstrass, Hottingen, sowie Enge und Seefeld wohnen. Indizien für ein anhaltendes Preiswachstum sowie Interesse an Ferienwohnungen sind unter anderem, dass Ferienwohnungen meist von Personen oder Paaren mit einem grösseren Familienkreis gekauft werden. Während das Eigenheim oftmals erst nach dem Tod verkauft oder weitergegeben wird, trennen sich viele von ihrer Ferienwohnung bereits zu Lebzeiten, wodurch die Nachkommen zu Wohneigentum in einem Alter kommen, in dem sie dieses noch ausgiebig selbst nutzen können.
(Lesen Sie den Beitrag dazu im «Immobilien aktuell»: Luxus macht keine Ferien)
Wie ist der Ausblick für die nächsten 12 bis 24 Monate?
Nach einer kurzen Verschnaufpause wird der Immobilienmarkt zur erneuten Boomphase ansetzen. Steigende Preise werden durch einen Sanierungsboom ergänzt. Gleichzeitig werden Generationenwechsel und Angebotsknappheit den Markt stärker als je zuvor prägen.
Prognosen zum Wohnungsmarkt
Ausserdem in dieser Ausgabe:
Neue digitale Tools für unsere Hypothekarkunden
Den Wert des Eigenheims selbst berechnen und Renovationen planen: Das können Kundinnen und Kunden mit einer Finanzierung bei der Zürcher Kantonalbank als exklusives Angebot künftig online tun. Markus Stocker, Leiter Finanzierungsgeschäft bei der Zürcher Kantonalbank, gibt Einblicke in die neuen Möglichkeiten und erklärt, warum die persönliche Beratung dennoch wichtig bleibt.
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